2011 / WS 4

Soziale Online-Netzwerke zwischen Schule und Freizeit

Der Workshop wird angeboten von Frank P. Schulte (Universität Duisburg) und Thomas Welsch (SK Stiftung).
Mit einem kurzen einleitenden Film, der Aussagen von Schülern zu ihrem Internetkonsum vorstellt, startet Frank Schulte Workshop 4. Die Online-Nutzung von Jugendlichen steht im Zentrum.
Schulte betont, dass sehr wohl Bildungs- und Aufklärungsarbeit auch an Schulen geleistet wird. Er stellt Teile der JIM-Studie vor, an denen er demonstrieren will, dass die Affinität Jugendlicher zu Social Communities nicht verwunderlich ist: Freundschaft und Liebe stehen für Jugendliche an erster Stelle. Ein zentrales Interessengebiet, eine gleichzeitige hohe Internetaffinität –  die logische Konsequenz, in der diese beiden Interessengebiete verbunden werden, sind die Social Communities.

frankschulte

Frank Schulte referiert zum Thema Cybermobbing

Aus psychologischer Sicht erläutert er den Sprung, der in der Pubertät stattfindet: die sog. Personenschemata ändern sich, d.h. das Wissen über und die Wahrnehmung von andere(n) Menschen. Die Veränderung dieser Schemata ist sozial organisiert; in Social Communities funktioniert diese Sozialisation ohne Kontrolle durch Erwachsene; dies kann bestimmte Konsequenzen haben wie beispielsweise Cybermobbing.

Es folgt ein relativ ausführlicher Beitrag zum Thema Cybermobbing, der die unterschiedlichen Formen und Personenkreise beschreibt. Typische Formen von Cyberbullying sind Beleidigungen, Belästigungen, Verunglimpfungen und das Streuen von Gerüchten, Bloßstellen und Betrügen sowie das Ausgrenzen. Des weiteren stellt er die verschiedenen Akteure (Opfer/ Täter) dar.

Schulte betont dabei die Wichtigkeit der Beobachter für den Ablauf von Mobbing-Prozessen.

Sein Fazit: Die Nutzung von Social Communities durch Heranwachsende ist nachvollziehbar und verständlich. Es ist entwicklungs- und sozialpsychologisch zu erklären, warum diese das Medium nutzen. Es dient zur Identitätsbildung, Beziehungspflege und Organisation des Alltags. Die Situation wird jedoch dann problematisch, wenn keine Kontrolle durch Erwachsene erfolgt.

Thomas Welsch betont, dass Jugendliche das Netz zur Identitätsbildung und Kontaktpflege nutzen, gleichzeitig jedoch auch zur Organisation von Alltagsfragen (Klausurfragen, Hausaufgaben etc.)
Auch er beruft sich zum Teil auf die Ergebnisse der JIM-Studie, um das Online-Verhalten von Jugendlichen zu erläutern.

Seit 2010 verliert studiVZ für Jugendliche zunehmend an Bedeutung, Facebook wird als Medium der Wahl immer wichtiger. Hier jedoch gestalten sich die Privatsphäre-Einstellungen wesentlich komplizierter. Einen wichtigen Dienste leistet vor diesem Hintergrund ein Portal wie „Checked4You“, das Verbraucherschutz für Jugendliche bietet; hier werden u.a. die Privatsphäreneinstellungen bei Facebook in 36 Schritten erklärt.

Ein wesentlicher Faktor bei der Internetnutzung ist die FOMO (= Fear of Missing Out).

Abschließend stellt Welsch das Projekt der sk-stiftung „Netzfreu(n)de“ vor, das Jugendliche für die Möglichkeiten und Probleme im Social Web sensibilisieren will und gleichzeitig Informationen zum Online-Verhalten Jugendlicher sammelt; Themen sind hier unter anderem:

  • Schutz der Persönlichkeitsrechte,
  • Urheberrecht,
  • Datensicherheit im Netz,
  • Cybermobbing.

Sein Fazit: Social Communities sind sehr wichtig für Jugendliche; die Faszination ist verständlich, gleichzeitig jedoch nicht problemfrei. Es gibt zahlreiche Probleme; eine Lösung kann das stärkere Eingreifen/Begleiten von Erwachsenen in diese Communities sein.

Sowohl für Schulte als auch für Welsch dreht sich gerade das Leben Jugendlicher zentral um das Thema Privatsphäre. Sie sind keineswegs so unsensibel und naiv wie gemeinhin behauptet wird.

Referent und Publikum Workshop 4

Thomas Welsch, Workshop-Teilnehmer

In der anschließenden Diskussion ging es unter anderem um Fragen wie:
„Wie geht man im Bereich der Schule mit dem „Digital Divide“ um?“ Auch Schulte und Welsch betonen, dass der Umgang mit Medien eine Generationenfrage ist.

Schulte und Welsch betonen, dass Aufklärungsarbeit im Bereich der Social Communities ruhig frühzeitig ansetzen kann. In Bezug auf diese Frage fällt auch erneut der Hinweis auf den „Medienpass NRW“.

Eine weitere Frage aus dem Kreis der Workshop-Teilnehmer: Wie eng kann/darf das Lehrer-Schüler-Verhältnis in Social Communities sein? Schulte und Welsch sehen dies letztendlich als Ermessenssache: Es ist eine persönliche Entscheidung.

Fotos: Georg Jorczyk, Grimme-Institut

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