Grimme Online Award 2020 – Einreichungen als Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklungen

Veröffentlicht von lw am

Erinnerungskultur, Demokratie, Minderheiten

Der Grimme Online Award widmet sich immer auch Themen gesellschaftlicher Relevanz. In diesem Jahr konnte man bereits im Frühjahr sehen, dass sich in den Einreichungen dieses Mal u.a. die Schwerpunkte Rechtspopulismus und Rechtsextremismus widerspiegelten. Es finden sich Angebote im Spektrum, die sich dem wachsenden Rechtspopulismus in der Bevölkerung entgegenstellen. Die erinnern, aufklären, aufdecken und Hilfestellungen für Opfer leisten. Diesen Diskurs, der im ersten Halbjahr mit den Einreichungen angestoßen wurde und zu intensiven Debatten in den Kommissionen geführt hat, will der Grimme Online Award als Partner gemeinsam mit dem Social Community Day in diesem Herbst in einem Social Community Month von Anfang Oktober bis Anfang November fortführen. Wir geben hier zum Start eine kleine Übersicht über Projekte, die diese Themen behandeln, die in den nächsten Wochen um weitere Artikel ergänzt wird.

Beispiele aus den Einreichungen 2020

Was uns in 2020 natürlich besonders in Erinnerung geblieben ist, sind Projekte von Preisträgern wie „NSU-Watch“, die seit vielen Jahren die NSU-Prozesse begleiten, aufarbeiten und dafür sorgen, dass sie nicht in Vergessenheit geraten. Daneben berichten sie auch über andere Prozesse und die rechte Szene insgesamt.

„Kein Raum für Rechts“ gibt auf einer interaktiven und multimedialen Website Einblicke in das fiktive Zimmer eines Neonazis und klärt anhand von rechtsextremen Symbolen, Fotos und Videos über die Gefahren von extremen Rechten auf.

Bei „Hass melden“ handelt es sich um eine zentrale Stelle, bei der Betroffene anonym Hatespeech melden können. Diese Meldungen werden dann überprüft und bei strafrechtlicher Relevanz zur Anzeige gebracht. So soll gemeinsam gegen Hass, Hetze und Rassismus im Netz vorgegangen werden können.

Die „Zeit“ hat für den Artikel „Wir sind hier“ nach dem Terroranschlag von Hanau Statements von Menschen mit Migrationshintergrund veröffentlicht und stellt die Frage: Was muss noch passieren, damit von Hass Betroffene geschützt werden können?

In den investigativen Reportagen des Preisträgers „STRG_F“ wird in transparent dargestellten Rechercheprozessen u.a. zu Themen wie Onlineshops für Nazis, Vernehmungen von Rechtsterroristen oder Nazi-Terrorismus recherchiert.

Marginalisierte Minderheiten und Erinnerungskultur

Neben diesen Angeboten, die sich explizit mit dem Thema der rechten Szene und dem rechten Terror beschäftigen, fanden sich im Spektrum der eingereichten Vorschläge dieses Jahr auch viele Vorschläge, die den marginalisierten Minderheiten Raum geben oder sich der Erinnerungskultur dieser z.B. im dritten Reich oder der DDR widmen.

Das Online-Lifestyle-Magazin „RosaMag“ beschäftigt sich nicht nur mit Themen wie Beauty und Fashion, sondern auch mit Leben, Empowerment und kultureller Identität von afrodeutschen Frauen.

Die Instagramseite „Workin‘ Germany“ beschäftigt sich mit den Themen Empowerment, Intersektionalität, Feminismus, Pluralität und Diversität im Kontext des Arbeitslebens von Migrant*innen in Deutschland. Dabei geht es u.a. um Rassismus, Sexismus und Transfeindlichkeit.

Auch das ausgezeichnete YouTube-Talkshowformat „Karakaya Talk“ widmet sich als Plattform den marginalisierten und unterrepräsentierten Themen und Communities und bewegt sich hierbei zwischen Pop, Politik und Gesellschaft.

Das Magazin und Archiv des Preisträgers „RomArchive“ präsentiert Artikel und Objekte rund um die Kultur der Roma und Sinti und schafft so einen Ort der eigenen Sichtbarkeit und Selbstrepräsentanz, der auch Wissensquelle für die Mehrheitsgesellschaft ist.

Die Webdokumentation „Eigensinn im Bruderland“ erzählt die Geschichte von Migrant*innen in der DDR, die als Vertragsmitarbeiter*innen, ausländische Studierende oder politische Emigrant*innen aus Vietnam, Mosambik, Angola oder Kuba kamen und legt den Fokus auf die Lebenswelt, aber auch besonders auf den Rassismus, dem diese in der DDR ausgesetzt waren.

„WDR AR 1933-1945“ holt 75 Jahre nach Kriegsende Zeitzeuginnen in die eigenen vier Wände, die mittels Augmented Reality von ihren Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg berichten und dabei die Schrecken des Krieges unmittelbar erlebbar machen. So wird Zeitgeschichte auch für zukünftige Generationen bewahrt.

Auch „Die Quellen sprechen“ bewahrt Geschichte in Form einer dokumentarischen Höredition, bei der Originaldokumente zur Verfolgung von Juden durch die Nationalsozialisten vertont werden.

Über die beiden letztgenannten werden wir demnächst in einem Blogbeitrag noch mehr lesen und „Aus der Vergangenheit lernen“. Weitere o.g. Angebote werden sich ebenfalls in ausführlichen Blogbeiträgen in den nächsten Wochen wiederfinden.